Wenn die Aufgabe heisst, lange und / oder dünne, runde Bauteile aus biegeweichen oder spröden Werkstoffen in grossen Stückzahlen zu schleifen, dann gibt es kaum Alternativen zum spitzenlosen Aussenrundschleifen. Darüber hinaus bietet nur das spitzenlose (centerless) Schleifen den Einsatz von Schleifscheibensätzen, die mehrere Aufgaben wie z.B. das Schruppen und Schlichten in einem Durchgang realisieren. Der Zerspanvorgang selbst entspricht zwar dem der übrigen Rundschleifverfahren wie im Kapitel „Aussenrundschleifen“ bereits beschrieben – auch ohne Spitzen wird im Einstech- und Durchgangsverfahren geschliffen. Aber ohne Spitzen gibt es einige Vorteile:
Angesichts dieser Vorteile lohnt es sich, dem recht komplexen Prinzip des Verfahrens ein wenig Aufmerksamkeit zu widmen. Unabhängig von der Werkstückanordnung in der Schleifmaschine – es wird in horizontal, vertikal und schräg unterschieden – lauten die entscheidenden Fragen:
Wie wird das Bauteil ohne Zentrierung sicher in der Maschine gehalten?
Es liegt zwischen der Schleif- und der kleineren Regelscheibe auf einer Auflagenschiene auf, wo es erst einmal vom normalen Auflagendruck gehalten wird. Im Verlauf des Schleifvorgangs wird das Bauteil von der sich im Gleichlauf drehenden Schleifscheibe erfasst, angetrieben und in Drehung versetzt. Der Schleifdruck presst das Bauteil gegen die Auflagenschiene und gegen die gegenüber liegende Regelscheibe. Da die Auflagenschiene zur Regelscheibe hin abgeschrägt ist, wird das Werkstück mit grösserer Kraft gegen diese gedrückt.
Welche Aufgabe erfüllt die Regelscheibe
Sie wird nur im Spitzenlos-Aussenrundschleifen eingesetzt und stellt die besondere Komponente des Verfahrens. Ohne die Regelscheibe würde das Werkstück die Umfanggeschwindigkeit der Schleifscheibe annehmen und es würde kein Abtrag entstehen. Sie muss daher über einen hohen Reibungskoeffizienten verfügen, den in der Regel gummigebundene Scheiben liefern. Aber: Die Regelscheibe darf nicht zu weich sein, da sonst Form- und Lagertoleranzen nicht eingehalten werden können. Sie steht in der Wichtigkeit der Schleifscheibe in nichts nach und hat drei Aufgaben zu erfüllen:
Wie kommt die Rundheit zu Stande?
Da im Schleifprozess Lagerung und Bearbeitung der Werkstückmantelfläche zeitgleich erfolgen, können Rundheitsfehler entstehen, die sich als Polygone auf der Werkstückoberfläche ausbilden. Neben prozesstypischen Variablen wie maschinendynamischer und zerspanprozessinduzierter Instabilität, die mit stabilen Maschinen und der vorausgesetzten Beherrschung der Schleiftechnik ausgeschlossen werden können, ist für die Unrundheit vor allem die geometrische Instabilität im Prozess verantwortlich. Und die entsteht dann, wenn die Mitte des Werkstückes auf einer Linie mit den Mittelpunkten von Schleif- und Regelscheibe liegt. Kommt nun eine Erhöhung auf der Werkstückoberfläche in Kontakt mit der Regelscheibe, wird genau gegenüber eine entsprechende Vertiefung in Grösse der Zustellung eingeschliffen. Bei weiteren Umdrehungen des Werkstückes können sich diese beiden Stellen – da sie genau gegenüberliegen – nicht mehr ausgleichen. Die geschliffenen Teile haben zwar den gleichen Durchmesser sind aber nicht rund. Diese so genannten Gleichdicke bestehen aus einer Vielzahl von gleichen Bögen, deren Form einem Trochoid recht ähnlich ist. Daher macht auch eine Zweipunktmessung auf Rundheit mit dem Messschieber wenig Sinn. Rundheit sollte immer in einer Dreipunktmessung mit Prisma und Messuhr ermittelt werden.
Rund wird das Werkstück erst, wenn es über oder unter der Mitte positioniert wird. In Folge der unterschiedlichen Höhenlagen liegt der Angriffspunkt der kleineren Regelscheibe entweder unter oder über dem der Schleifscheibe, die das Material daher nicht mehr um den gleichen Betrag wie die erhöhte oder vertiefte Stelle wegschleifen kann. Jede weitere Drehung des Werkstückes erzeugt immer mehr Erhöhungen und Vertiefungen, die im Idealfall unendlich viele Polygone bilden, die schliesslich perfekte Rundheit ausbilden. Übrigens, für das Schleifen über Mitte gilt: Je höher das Werkstück über der Mittellinie angeordnet ist, desto grösser und schneller wird der Rundschliff erreicht. Die obere Grenze setzt der senkrecht wirkende Schleifdruck, ab dem das Werkstück beginnt sich vom Auflagelineal abzuheben.
Lösungen für das spitzenlose Aussenrund-Umfangsschleifen
Das Schleifen ohne Spitzen gehört sicher mit zu den anspruchsvollen Verfahren in der Schleiftechnik und ist nicht ohne weiteres beherrschbar. Wer aber die entscheidenden Parameter beachtet, der wird mit hoher Effizienz, herausragender Präzision und hohen Zeitspanungsvolumina belohnt. Dabei lassen wir unsere Kunden nicht allein. Wir unterstützen sie zum Beispiel mit zwei Softwareprogrammen, die für die Berechnung von Tangentenwinkel und Höhe über Mitte hervorragende Dienste leisten. Aber auch mit dem Leitfaden „Spitzenloses Aussenrundschleifen“ und natürlich mit spezifischer Anwendungsberatung sowie mit einer auf grossem Know-How und Erfahrung basierender Produktpalette. Dazu gehören:
Quellen:
winterthurtechnology.com, youtube
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